
Was vor der Saison niemand für möglich gehalten hätte, wurde ausgerechnet im Spielerparadies von Macau in China Wahrheit: Marc Hennerici sicherte sich überraschend den Titel in der vom Automobil-Weltverband FIA ausgeschriebenen Privatfahrerwertung.
Dem 23-Jähren reichte dazu ein 14. Platz im ersten der beiden turbulenten Sprintrennen sowie Rang drei bei den Privatfahrern. Da seine beiden direkten Gegner, Markenkollege Giuseppe Ciro aus Italien und der Niederländer Tom Coronel im Seat Toledo schon sehr früh in Unfälle verwickelt waren, konnte der Mayener den ersten Lauf mit „angezogener Handbremse" zu Ende fahren. Stets über den Rennverlauf informiert, setzte Hennerici die taktische Meisterleistung ohne jegliches Risiko in die Tat um.
Obwohl theoretisch noch zwei Punkte in Lauf zwei zum ganz großen Triumph fehlten, merkte man dem Volkswirtschaftsstudenten in der Pause zwischen den beiden Läufen an, dass eine große Last von ihm genommen worden war. Zu schlecht lief bis dahin das gesamte Wochenende mit vielen kleinen Problemen beim Test am Donnerstag sowie den Trainingssitzungen und dem Qualifying am Freitag.
Das beim eigenen Können auch immer das nötige Glück eine große Rolle spielt, zeigte sich vor allem im alles entscheidenden zweiten Rennen. Auch hier half die Konkurrenz kräftig mit, denn bereits in der zweiten Runde stand Hennerici nach dem Ausscheiden des Markenkollegen Stefano D’Aste aus Italien als Weltmeister bei den Privatfahrern fest. Drei Runden später wurde nämlich auch Hennerici Opfer eines der unzähligen Unfälle an diesem Wochenende, weil die Gefahrenstelle den nachfolgenden Teilnehmern nicht rechtzeitig angezeigt worden war. Deshalb kollidierte Hennerici mit den zuvor bereits gestrandeten Kollegen. Der Wiechers-BMW 320i, der bis dahin keinen Kratzer abbekommen hatte, wurde vorne links stark beschädigt und das trübte natürlich auch ein wenig die große Freude.
„Ich hatte keine Chance auszuweichen, obwohl ich das Tempo schon herausgenommen hatte", meinte Hennerici, der den großen Erfolg noch gar nicht richtig realisieren konnte: „Das kommt sicher erst später und dann werde ich mit meinem Team auch das ein oder andere Glas leeren."
Mit 15 Punkten Vorsprung war Hennerici nach Macau gereist. In der Schlusstabelle liegt der BMW-Pilot noch sieben Punkte vor seinem härtesten Widersacher Ciro (114:107).
Weniger Glück hatte BMW-Werksfahrer Dirk Müller, der ebenfalls als Tabellenführer in Macau an den Start gegangen war. Eine unverschuldete Kollision raubte ihm die große Chance, Weltmeister zu werden. Europameister Andy Priaulx sicherte sich mit zwei zweiten Plätzen den WM-Titel und sorgte auch dafür, das sein Arbeitgeber BMW die Herstellerwertung gewann.
Alfa-Werksfahrer Augusto Farfus aus Brasilien und der Niederländer Duncan Huisman in einem BMW 320i sicherten sich in den beiden Läufen jeweils den ersten WM-Sieg.
Auch BMW Motorsport-Direktor Mario Theissen würdigte die großartige Leistung des Deutschen: „Für BMW ist es ein fantastisches Ergebnis, alle drei WM-Wertungen für sich entschieden zu haben. Nicht vergessen darf man dabei Marc Hennerici mit seinem Erfolg in der Independence-Trophy."
Arno Wester / Jens Galkow
photos FIA