Die Saisonläufe 11 und 12 in der Tourenwagen-WM auf dem belgischen Grand-Prix-Kurs in Spa-Francorchamps hatten es in sich. Zahlreiche Kollisionen und auch das Wetter spielten eine entscheidende Rolle. Endlich stand das Glück auch Marc Hennerici einmal zur Seite und so konnte er mit dem von Wiechers Sport eingesetzten BMW 320i die Führung in der vom Automobil-Weltverband FIA ausgeschriebenen Privatfahrerwertung verteidigen.
Im ersten der beiden freien Trainingssitzungen fuhr Hennerici bei schwierigen Bedingungen auf leicht feuchter Strecke die neuntschnellste Zeit im gesamten Feld, war bester Privatier und konnte zufrieden feststellen: „Hierbei haben mir vor allem die Erkenntnisse, die ich im Fahrdynamik-Training in der Speed Academy der Deutschen Post gewonnen habe, sehr geholfen.
Im zweiten Training konnte der 23-Jährige auf trockener Bahn allerdings keine neuen Erkenntnisse sammeln, weil es ein Problem mit dem Steuergerät gab. Auch im Qualifying lief es nicht rund, denn durch einen „Verbremser" vor der Bus-Stop-Schikane in der ersten fliegenden Runde hatte Hennerici den vorderen rechten Michelin-Reifen so arg strapaziert, dass dieser nur wenige hundert Meter weiter bei der Anfahrt zur Eau-Rouge-Kurve explodierte. Weil sich der Reifen auflöste und im Radkasten gegen den Kotflügel schlug, stellte der Mayener den BMW an der Strecke ab. Wie sich bei der Analyse herausstellte, war die Bremsbalance falsch eingestellt. Nach einem Gespräch mit BMW-Werksfahrer Jörg Müller übernahm Hennerici dessen Einstellung und war damit sehr zufrieden. Was in der Qualifikation mit mehr als nur einer Runde möglich gewesen wäre, zeigte die drittschnellste Zeit im ersten Sektor. Trotzdem waren die Startplätze 22 im gesamten Teilnehmerfeld und 6 bei den Privaten waren natürlich nicht das, was man sich vorgenommen hatte.
Obwohl die profilosen Slickreifen in der zweiten Rennhälfte von Lauf eins extrem stark abbauten, konnte sich Hennerici auf Platz 19 im Gesamt und Rang vier bei den Privatfahrern verbessern. „Zwischen den beiden Rennen haben wir die Stabilisatoren an Vorder- und Hinterachse härter gestellt, was im nachhinein die richtige Entscheidung war", erklärte der Volkswirtschaftsstudent. Eine weitere goldrichtige Maßnahme war, trotz eines kurzen Regenschauers vor Lauf zwei auf profilose Slickreifen zu setzen.
Diese Entscheidung wurde zunächst nicht belohnt, weil Hennerici von Chevrolet-Werksfahrer Robert Huff bereits im ersten Umlauf in der Rivage-Kurve umgedreht wurde. Außerdem hatte sich im hinteren rechten Radkasten des BMW noch ein Teil eines Frontspoilers verkeilt, was zu heftigen Vibrationen führte. Erst als Hennerici die Boxengasse ansteuerte, flog es wieder weg und so er seine Aufholjagd beginnen. Eine Safety-Car-Phase wegen eines Unfalls half, den Anschluss an das gesamte Feld zu finden. Leider wurde das Rennen nur noch für eine Runde freigegeben, sonst wäre sicherlich noch mehr drin gewesen, als Rang neun im Gesamtklassement und Platz drei in der Privatfahrerwertung. In dieser so genannten „Independents-Trophy" hat Hennerici nach der 6. von 10 Veranstaltungen und nach 12 von 20 WM-Läufen bei 73 Punkten noch 8 Zähler Vorsprung auf den Niederländer Tom Coronel (65) im Seat Toledo. Markenkollegen Carl Rosenblad aus Schweden hat mit 50 Punkten bereits 23 Zähler Rückstand. Unter den insgesamt 16 Piloten aus neun Nationen, die um ein Preisgeld von 350.000 Euro kämpfen, hat eigentlich nur noch das Trio an der Spitze beste Chancen auf den Gesamtsieg. „Ohne die Kollision wäre sicherlich noch viel mehr möglich gewesen, andererseits hatte ich auch endlich einmal Glück, weil ich durch die Neutralisation wieder aufschließen konnte", meinte Hennerici, der sein Ziel, als Tabellenführer zum „Heimspiel" nach Oschersleben zu reisen, zwar realisierte aber auch kritisch feststellte: „Wir waren vom Speed her nicht in der Lage, um den Sieg zu kämpfen. Im Hinblick auf Oschersleben müssen wir unbedingt einen Test absolvieren, damit wir mein Problem, aus engen Kurven heraus nicht so früh ans Gas gehen zu können, in den Griff bekommen.
„Heute war es wichtig, nicht die Nerven zu verlieren. Marc hat das Beste aus der Situation gemacht. Die nächsten beiden Läufe in Oschersleben könnten richtungsweisend sein und da bin ich nicht nur wegen des Heimvorteils optimistisch", meint Dr. Hugo Koch, Manager von mo-we-ko Motorsport Koblenz, dessen Schützling den ersten WM-Punkt nur um 0,509 Sekunden verpasste.
Die Siege in den beiden Sprintrennen sicherten sich BMW-Werksfahrer Dirk Müller und der Italiener Fabrizio Giovanardi im Werks-Alfa Romeo 156. Dirk Müller konnte dabei die Führung in der Gesamtwertung um zwei auf vier Punkte ausbauen (61:57). Allerdings sind alle Resultate unter Vorbehalt, da gegen drei Entscheidungen durch die Offiziellen des Automobil-Weltverbandes FIA Berufung angekündigt wurde.
Die Läufe 13 und 14 zur Tourenwagen-WM werden am 28. August in Oschersleben ausgetragen und vom ZDF und Eurosport live übertragen.
- Dr. Hugo Koch -
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